Quintett Seelenklang – zwei Konzertreisen im Herbst 2019

 

Ein Bericht von Frolieb Tomsits Stollwerck

 

 

Das Quintett Seelenklang, das sich 2014 zusammengefunden hat, um neben der Kammermusikliteratur vor allem die Musik zum Seelenkalender Rudolf Steiners in der Vertonung von Raphael Simcic aufzuführen, ist seit seinen Anfängen zu einem Klangkörper gewachsen, der eine tiefe Verbundenheit in Seele und Klang entwickelt hat.

Die Arbeit an der traditionellen Kammermusikliteratur prägt das künstlerische Niveau des Ensembles. Die Arbeit an der Musik zum Seelenkalender erfordert eine aufrichtige innere Auseinandersetzung mit den Inhalten und ein Sich-Einlassen auf den mantrischen Charakter der Texte und ihre Wirkung im künstlerischen Ausdruck. Gerade diese Arbeit empfinden die Musiker als Bereicherung und Befruchtung ihrer musikalischen Arbeit.

Zwei kurze Reisen konnte das Quintett im Herbst zusammen unternehmen. Organisator, Manager und Chauffeur ist dabei immer der Komponist selber: Raphael Simcic, inzwischen 25 Jahre alt, ein umsichtiger Planer, zuverlässiger Fahrer und angenehmer Reiseleiter. Im Alter von 18 Jahren hat er die 52 Sprüche Rudolf Steiners als Jahresarbeit in der 12. Klasse seiner Birsecker Waldorfschule vertont für Gesang und Klavier. Auf Anregung von Frau Irmgard Deissenberger, Leiterin der Akademie Humaneum,  hat er sie für das Quintett Seelenklang für Streichquintett arrangiert.

Die Konzerte des Quintetts Seelenklang werden immer eingeleitet mit klassischer Musik passend zu den ausgewählten Sprüchen. Damit wird das Publikum aus seinem Alltag abgeholt und für das Hören der Seelenkalender-Musik vorbereitet. Für die Konzerte im Herbst 2019  standen drei Herbstkompositionen am Beginn; Vivaldi, Piazzolla und eine Komposition von Raphael Simcic. Dann folgten die sieben Sprüche zu den christlichen Jahresfesten: Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten, Johanni, Michaeli, Weihnachten und Epiphanias, gesprochen, gesungen und als Quintett.

Die erste Reise im September führte auf den Lichtenberg zum grünen Goetheanum. Das ist ein (Kraft-)Ort, an dem der Grundriss des ersten Goetheanums mit Bäumen auf eine Wiese gepflanzt wurde. In diesem pflanzlichen „Mauerwerk“ entsteht ein lebendiger Innenraum, in dem Musik in ganz besonderer Weise erklingen kann. Das Wetter begünstigte das Ereignis durch herrlichen Sonnenschein und milde Temperatur. Eine leichte Brise wurde manchmal etwas stärker und zerrte frech an den Notenblättern der Musiker, aber trotzdem konnte ein intensives musikalisches Erleben möglich werden. Die Konzertbesucher lauschten hingebungsvoll und waren tief beglückt. Da an diesem Ort kein Klavier zur Verfügung stand, wurden die Sprüche zuerst instrumental und dann mit Gesang und Quartett aufgeführt. Das war eine Besonderheit in Bezug auf die bisherigen Konzerte.

Der zweite Aufführungsort war die Christengemeinschaft in Heidelberg. Auch hier hatte das Ensemble aufgeschlossene, begeisterte und dankbare Zuhörer.

Die zweite Reise Anfang November führte zuerst nach Antwerpen. Ein wunderschöner Jugendstil-Bau, der eine Waldorfschule beherbergt, diente als Aufführungsort. Die Sprüche wurden in Deutsch und Flämisch gesprochen, dann wurden sie in Deutsch gesungen in der Originalfassung für Gesang und Klavier, nachher als Quintett musiziert. Die Zuhörer reagierten auch hier berührt und begeistert. So viel Ruhe, wie die Musiker zwischen den Sprüchen gehalten haben, hatten viele Besucher lange nicht erlebt. Aber auch die Ruhe, Zartheit, Fülle und Tiefe der einzelnen Sprüche und ihrer Musik, war für die Zuhörer ein besonderes Erlebnis.

Der zweite Aufführungsort Vaihingen Enz bei Stuttgart, hatte auch seine ganz besondere Qualität. In einem alten Gemäuer haben viele freiwillige Hände einen wunderschönen Raum gestaltet, der für Kulturarbeit und Kulturveranstaltungen genützt wird. Eine besondere Reinheit hatte dieser Raum. Der Klang konnte sich wunderbar entfalten. Die Anwesenden erlebten Tiefe und Schönheit der Musik mit ihren Texten.

Zwei Konzerte am letzten Tag der Reise erfüllten beide ihre stille Zeit. Zuerst auf dem Engelberg im Konferenzsaal der Freien Waldorfschule. Ein Raum, ganz in rot gehalten, mit schönen Gemälden und Fotos an den Wänden und einem guten Flügel. Dieser wurde wunderbar gespielt von unserem Pianisten dieser Reise, Martin Pillwein, der aus einer inneren Vorbereitung heraus die Konzerte  wunderbar mitgemacht hat, obwohl er durch eine vierstündige Zugverspätung (deutsche Bahn!!!) das Antwerpener Konzert ohne Probe spielen musste…

Das Quintett erlebt die Zusammenarbeit immer wieder als zutiefst erfüllend und beglückend. Die Reisen verstärken das Gemeinschaftsgefühl und geben Raum für viele Gespräche, oft voller Humor und Leichtigkeit, aber auch für sehr tiefe Begegnung und heilsame Auseinandersetzung in Wertschätzung und Harmonie. Dieser Qualität wird der Boden bereitet durch regelmäßige Treffen im Humaneum, bei denen Inhalte erarbeitet und erschlossen werden und soziale Kompetenzen geübt werden. Eine Bereicherung, die Musiker im professionellen Betrieb selten erfahren, höchstens in eigenen Kammerensembles, wo Einvernehmen und intensives aufeinander Eingehen notwendig ist für ein gutes, freies, präzises Zusammenspiel. Auf den Reisen kommt hinzu das enge Zusammenleben in den Quartieren, bei dem die Eigenheiten und Vorlieben und Bedürfnisse jedes einzelnen in ihrer Liebenswertigkeit erlebbar werden. Ich, als einzige Frau des Ensembles darf an dieser Stelle sagen, dass ich mich in der Gruppe wie in einem warmen Nest fühle, das mir noch nie zu eng wurde und immer Respekt und Herzlichkeit bot. Dass unser letztes Quartier meine elterliche Wohnung war, von meiner Mutter liebevoll vorbereitet und gepflegt, war für mich persönlich ein Höhepunkt und eine ganz besondere Freude. Das Ensemble hat das auch sehr genossen.

 

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